Zeitungsartikel
Reihe von dreizehn Linolschnitten
Nicht von ungefähr wird in unserer Zeit das Thema der Passion immer wieder neu gestaltet. Und es ist ebenso kein Zufall, dass es gerade auch Pfarrer dazu drängt, mit künstlerischen Mitteln das Unsagbare zu verkündigen.
Mit dieser Reihe von dreizehn Linolschnitten, entstanden in einem norddeutschen Pfarramt, tritt Gerhard Becker erstmals vor eine größere Gemeinde. Beispielhaft, wie er die beteiligten Personen zeigt, meist nur als Kopfbilder, "an denen wir wie im Spiegel die Passion Jesu ablesen sol¬len" (S. 5): Judas, Kaiphas, Petrus, Pilatus, die rasende Menge (symbolisiert durch nur drei Männer).
Erschütternd die Bilder Christi: an der Geißelsäule als der geschundene Bruder und - wohl das stärkste Bild - „Es ist vollbracht“. Wir danken es Becker, dass er die Passion nicht ins Zeitgenössische aktualisiert hat (W. Fries), um die Brücke zu uns zu schlagen; und doch sind wir selber gepackt und fragen uns durch nach dem, um den das Denken der Statisten der Passion kreist. Man mag sich fragen, warum der Stil der Bilder nicht immer einheitlich ist; aber dies soll den Wert des Bändchens nicht schmälern. Als geglückt muss man auch den Text bezeichnen, der jedem Bild zugeordnet ist; Bibelwort, eine geschickte „Kurzmeditation“, Liedvers. Hans-Georg Thümmel hat hier mit viel Einfühlung gültige Worte gefunden.
KARL-HEINZ MEISSNER, EVANGELISCHE MONATSSCHRIFT HEFT 3 196
Ausstellung der Arbeiten von Gerhard Becker
Zum 70. Geburtstag von Gerhard Becker waren in der Sakristei des Greifswalder Doms Holzplastiken, Handzeichnungen und Druckgrafiken zu besichtigen, die einen Überblick über das Schaffen dieses Mannes geben wollen. Die Austeilung soll bis Ende September stehen.
Gerhard Becker (geboren 22. September 1910) ist kein Berufskünstler. Er studierte Theologie und war Pfarrer in unserer Landeskirche. Zum Schnitzen kam er nach 1945, da gestaltete er mit einfachsten Mitteln Schachfiguren in Menschengestalt. 1948/49 berief ihn das Konsistorium auf die Pfarre Kagendorf. Zunächst hatte er gar keine Zeit, sich mit dem Schnitzen zu beschäftigen. Lediglich ein paar Kinderbildnisse entstanden, die der Bildschnitzer Uecker sah. Er ermunterte den Pfarrer zur weiteren bild¬nerischen Arbeit und brachte ihm die technischen Fertigkeiten bei. Die erste größere Arbeit war ein Kruzifix. Heute befinden sich vor allem in unserer Landeskirche Arbeiten von Gerhard Becker in verschiedenen Kirchen. Aber auch in der Bundesrepublik Deutschland haben Kirchen Arbeiten von ihm. Becker verstand seine Arbeit stets als eine spezifische Möglichkeit der Verkündigung, und das Echo der Betrachter gab ihm recht. Nur selten arbeitete er im Auftrag, meist entstanden die Werke aus innerem Drang. Ein Stück Brennholz regte ihn plötzlich zum Arbeiten an, da sah er eine Figur in der Form des Holzes oder in der Maserung, und diese Figur arbeitete er nun heraus. Picassos Wort "Ich suche nicht, ich finde", gilt auch für seine Arbeit. Diese Arbeit bewegte sich um ganz bestimmte Themenkreise. Es waren vor allem Abraham, Hiob und Maria und Josef, die ihn beschäftigten, Kreuzdarstellungen nahm er nur mit Bangen in Angriff, das schien ihm zu schwierig zu sein. Aber das Miteinander von Menschen, ihre Span¬nungen und ihre Lösungen, haben ihn in jeder Thematik beschäftigt. Beckers Werke sind unterschiedlich, manches erinnert in seiner Prägnanz durchaus an Barlach, anderes erscheint dagegen sehr viel schwächer. Die Druckgrafik beschäftigte Gerhard Becker über viele Jahre. Ein Linolschnittzyklus zur Passion veröffentlichte die Evangelische Verlagsanstalt 1952/53 als Buch, später folgten je ein Heft zu Weihnachten und Ostern. Dass dieser Pfarrer seine spezifische Gabe in den Dienst der Verkündigung stellte, sieht der Betrachter mit Dank.
JOACHIM PUTTKAMMER; DIE KIRCHE (EVANGELISCHE WOCHENZEITUNG) VOM 28.09.1980
Leiden als Hauptthema DDR-Pfarrer Gerhard Becker stellt in Beienrode aus
Beienrode. "Ich bemühe mich nicht um einen eigenen Stil. Ich will einfach verkündigen und hoffe, dass es anderen Menschen etwas sagt", so formulierte Gerhard Becker, ein 77-jähriger Pfarrer im Ruhestand, sein künstlerisches Anliegen. Der DDR-Geistliche - er kommt aus dem mecklenburgischen Anklam - stellt bis zum 12. August Holzplastiken und Linolschnitte im Haus der helfenden Hände aus. Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 11.30 Uhr und von 16 bis 18 Uhr geöffnet. Becker ist Autodidakt, Naturtalent. Schon in der Schule fiel seine künstlerische Begabung auf, aber viel Zeit hatte er in der Folge nicht, sein Zeichentalent zu pflegen. Erst in der Gefangenschaft wurde er wieder tätig, schnitzte aus einem Stück Brennholz einen Hirten. Menschliches Leiden blieb sein Hauptthema, biblische Gestalten wuchsen unter des Pfarrers Schnitzmesser. Abraham, Hiob, die Mutter Maria - die Passion der Menschheit, herausgearbeitet aus einem alten Zaunpfahl, aus dem Stamm eines gefällten Apfelbaumes oder auch aus einem Stück Brennholz. Der zierliche Künstler, von Krankheit geschwächt, hatte nicht immer die Kraft, seine Figuren aus dem Holz herauszuarbeiten. So entstand eine Reihe von Linolschnitten. Die Themen stammen aus der Bibel. Die Ausstellung in Beienrode zeigt Ungewöhnliches, wirkt durch die schlichte Darstellung der Exponate.
ZEITUNGSAUSSCHNITT 09.08.1988
„Ausdrucksweise geht unter die Haut“
Bildhauerausstellung Meditationen zur Bibel
Sudweyhe. Keineswegs nur Leid möchte Pfarrer Gerhard Becker mit seinen "Meditationen zur Bibel" darstellen. Unter diesem Thema steht eine Ausstellung mit Plastiken und Linoldrucken, die am Pfingstwochenende in der Wassermühle eröffnet wurde. Wenngleich Beckers Werke, die zum Beispiel "Maria unterm Kreuz" tituliert sind, nicht selten Men-schen in Not und Bedrängnis zeigen, so möchte der gebürtige Stettiner gleichzeitig die "Geborgenheit in Gott" zum Ausdruck bringen, wie er sagt. Die ersten Arbeiten, die der Pfarrer fertigte, entstanden, als er während der Kriegsge-fangenschaft selbst Entbehrungen und Heimweh ausgesetzt war und begann, Schachfiguren zu schnitzen. Als er in Anklam eine Pfarrstelle antrat, nahm er bei einem befreundeten Bildhauer einige Lehrgänge, doch bezeichnet sich Becker, was seine künstlerische Ausbildung angeht, "eher als Autodidakt". Dabei lassen es seine Schnitzarbeiten und Linoldrucke nicht an Ausdruck fehlen, wie die Besucher der Vernissage meinten. "Die Arbeiten gehen unter die Haut", fasste eine Betrachterin zusammen. Becker, der seit zwei Jahren in Leeste lebt, ist um eine eher sparsame, zurückhal-tende Ausdrucksweise bemüht, plakative Formen sind nicht seine Art. Der mittlerweile 82jährige Geistliche betätigt sich noch immer künstlerisch. Mit seine aktuellen Arbeiten beschreitet er sogar neue Wege und fertigt Plastiken aus Ton. In der Vergangenheit zählten auch Auftragsarbeiten für Kirchengemeinden in der ehemaligen DDR zu Beckers Betätigungsfeld. "Die Betrachtung seiner Arbeiten bedeutet auch eine Beschäftigung mit sich selbst", kommentierte der Leester Pastor Holger Tietz die Arbeiten seines Kollegen.
ZEITUNGSAUSSCHNITT, 1992
Archive ziehen ihn magisch an
Gerhard Becker forscht mit 89 Jahren noch immer gern in Kirchengebäuden
Weyhe-Leeste "Ich kann es nicht lassen", sagt Gerhard Becker über sich selbst und meint damit das Stöbern in Archiven, das Unter-die-Lupe-nehmen von kirchlichen Baudenkmalen.
Der 89-jährige Pastor im Ruhestand ist 1989, noch vor der Wende, aus der damaligen DDR nach Leeste gekommen. Hier hat er seitdem manchen Anstoß gegeben, so auch dazu, das verwitterte Gedenkkreuz für Georg Ludolph Mestwerdt (von 1820 bis 1845 Pastor in Leeste) wieder herzurichten.
Geschichte, Kunst, Naturwissenschaften - dafür hat sich Gerhard Becker schon als junger Mann interessiert. Auf allen Gebieten war er "sehr begabt", wie selbst gefertigte Zeichnungen, Malereien und Skulpturen im Wohnzimmer mit dem beladenen Schreibtisch beweisen.
Doch der 1910 in Stettin geborene Sohn eines Elektroingenieurs, der in Anklam Abitur machte, entschied sich für das Theologiestudium: "Der Glaube als Grund unter den Füßen ist etwas ganz wichtiges", erkannte für sich schon früh.
Weil nach dem Ersten Weltkrieg großer Pastorenmangel herrschte, bekam Gerhard Becker bereits 1934 als Vikar eine Pfarrstelle im Kreis Anklam, wo er "alles zu machen" hatte. Dort gab es viel Zank im Dorf, doch der junge Vikar konnte platt sprechen und wurde bald liebevoll "uns lütt Pasting" genannt - auch eine kleine Anspielung auf seine Körpergröße. Nach dem Predigerseminar und weiteren Pfarrstellen in Hinter- und Vorpommern seit 1935 sowie der Ordination 1937 widmete sich Becker der Volksmission, bekam eine Pfarrstelle in Altenhagen, bevor er 1938 eingezogen wurde. Pastor und Soldat war er während des Krieges, in dem er sich eine Gelbsucht auf der Krim holte, deren Auswirkungen ihn sein Leben lang begleiteten. 1945 geriet er in russische Kriegsgefangenschaft. Doch auch dort vergaß er nicht, dass er Pastor ist und hielt Gottesdienste. Der Leberschaden und die Ruhr brachten ihn ins Lazarett: "Dort habe ich gemerkt, wie die Menschen versuchten, den Glauben zu behalten." Man hatte mit den Russen etwas gemeinsam: Auch sie wussten nichts von ihren Angehörigen.
Als Gerhard Becker 1948 zurückkehrte, war seine Pfarrstelle besetzt, und es zog ihn wieder in die Nähe von Anklam. 1950 heiratet er seine Frau Gerda, geborene Lode mit der er jüngst Goldene Hochzeit feierte. 1954 schließlich bekam er die Pfarrstelle in einem Vorort von Greifswald, wo er bis zu seinem Ruhestand 1976 wirkte. Als stellvertretender Superintendent war er im Bauausschuss des Kirchenkreises aktiv und hatte die Aufgabe, in Greifswald, Anklam und Rügen den gesamten Kirchenbestand aufzulisten.
Die Aufgabe als Pastor in der DDR war nicht leicht: Vier Gottesdienststellen gab es in seiner Gemeinde, davon eine Kirche und eine Kapelle. Ein Raum auf einem Gut wurde von Staats wegen gestrichen, einmal wurde dem Pastor sogar verboten, in ein Dorf zu gehen. Auch der Druck auf Eltern, deren Kinder konfirmiert werden sollten, wurde immer stärker. Dem Kantor, von Beruf Lehrer, wurde die kirchliche Aufgabe ebenfalls untersagt, so dass Ehefrau Gerda einsprang. Elektrische Leitungen in der Kirche verlegte Gerhard Becker bei Bedarf selbst. "Die Partnergemeinde in Schleswig-Holstein schickte, wenn möglich, benötigtes Material", so Becker, der mit seiner Familie von 600 Mark Grundgehalt und Kindergeld lebte: "Kleiden konnte man sich davon nicht". Der Garten mit Obst, Gemüse, Hühnern, Bienen, einem Milchschaf und Flugenten war "ganz wichtig" für die Familie mit sieben Kindern.
Als Gerhard Becker in den 70er Jahren mit 67 Jahren in den Ruhestand ging, nahm er seinen Kollegen die Baupflege der Nikolaikirche in Anklam ab und widmete sich der Archivarbeit. "Es gab sogar Anfragen aus Amerika zur Ahnenforschung", berichtet das Mitglied des Pommerschen Geschichtsvereins. Die Kinder hielten das Ehepaar in der DDR, das dann 1989 doch den bald genehmigten Antrag auf Ausreise stellte. Die Wende hatte Becker damals "nicht für möglich gehalten, das war ein Wunder".
Nach Leeste kamen die Eheleute Becker, weil eine Tochter bereits in der Nähe wohnte (heute Bruchhausen-Vilsen). Und hier gab es für den neugierigen Ruheständler viel zu entdecken: Das kirchliche Archiv interessierte ihn und: Wie alt sind Kirche oder Kirchturm? beispielsweise. Aktuell würde er gern dem Altarbild näher auf den Grund gehen. Zurzeit beschäftigt sich Gerhard Becker auch mit Triangulation, dem Prinzip von Harmonie und Schönheit im Bauen und Gestalten.
Dazu möchte er "etwas verfassen", das er eigentlich bei den nächsten Familientagen in Halle vorlegen wollte, zu denen im Mai die sieben Kinder im Alter von 39 bis 49 Jahren mit Familien (22 Enkelkinder) zusammenkommen. Die Zeit bis dahin wird ihm zu knapp, sagt er. Doch vielleicht kann er sich zu seinem 90. Geburtstag im September selbst ein Geschenk machen.
KORNELIA HATTERMANN, WESER-KURIER 19.03.2000
„Künstlerpastor“ feiert heute bei Bremen seinen 90. Geburtstag
Gerhard Becker hat sich mit Forschungen Verdienste erworben
Anklam (EB). Als Pastor hat er in Kagendorf und Dersekow gewirkt und sich auch im Ruhestand in Anklam viele Verdienste e rworben; heute wird Gerhard Becker, der in der Nähe von Bremen wohnt, 90 Jahre alt. Der Anklamer Günter Beyer hat persönliche Erinnerungen an seine Anklamer Zeit aufgeschrieben.
Der gebürtige Anklamer Gerhard Becker, jetzt wohnhaft in Weyhe-Leeste, machte sich insbesondere nach seinem Ruhestand sehr verdient mit seinen Forschungen und Arbeiten um die Stadt- und Kirchengeschichte. Seine Berichte in den Heimatkalendern, unter anderem 1985 oder 1987 über Neues vom Kloster Stolpe und über Johannes Bugenhagen, der 1535 in unserer Heimatstadt weilte, sind Fundgruben für interessierte Heimatfreunde.
Da Becker ein künstlerisch begabter Mann ist, hat er zum Anlass des Bugenhagen-Jubiläums 1985 für die Marienkir-che ein Relief aus Holz geschaffen, das den Reformator naturgetreu darstellt und mit einer Spruchleiste versehen ist. Hierfür ist ihm die Gemeinde sehr zu Dank verpflichtet. In mühevoller Arbeit zeichnete der „Künstlerpastor“ die Bild-nisse in den Arkaden der Marien- und Nikolaikirche nach, so dass man sie nicht nur in der Höhe, sondern auch unten in der Hand betrachten kann. Er verwaltete bis zu seinem Weggang auch sehr umsichtig und gewissenhaft das kreis-kirchliche Archiv. Möge dem Jubilar weiterhin ein gesegneter Lebensabend beschieden sein.
EB, ANKLAMER ZEITUNG, 22.09.2000
Blätter und Büsten erinnern an ihn
Von unserer Redakteurin Ulrike Troue
WEYHE-LEESTE. In der vergangenen Woche ist Gerhard Becker, Pfarrer in Ruhestand, verstorben. Der 95-Jährige lebte seit 1988 in Leeste in der Nähe einer Tochter. Geschichte war eine seiner Leidenschaften. Dass es als Pensionär die Geschichte der Leester Marienkirche aufgearbeitet hat, brachte ihm viel Anerkennung ein.
Ebenso die Kunst. Der evangelische Pfarrer, der zunächst in Leopoldshagen bei Anklam und nach dem Krieg 22 Jahre lang eine Pfarrstelle am Rande von Greifswald bekleidet hatte, genoss zudem einen guten Ruf als Bildhauer. In sowjetischer Kriegsgefangenschaft, aus der Becker 1948 zurückkehrte, hat er begonnen, mit dem Rasiermesser Holz zu schnitzen. Vor allem kirchliche Motive – Kreuzigungsgruppen oder Pietas – hatten es dem Vater von sieben Kindern, die er auch in Büsten verewigte, angetan. In der DDR hatte Becker 20 Ausstellungen, 1988 eine in Hamburg, die danach in „Unser Lieben Frauen“ in Bremen gezeigt wurde.
REGIONALE RUNDSCHAU LANDKREIS DIEPHOLZ MONTAG 9. JAN 2006
Der Kirche verbunden
Ehemaliger Pastor Gerhard Becker starb mit 95 Jahren
LEESTE (yk) – Er galt als der wohl beste Kenner der Leester Kirchenhistorie: Gerhard Becker. Der Ex-Pastor aus der ehemaligen DDR starb am Dienstag, 3. Januar, im Alter von 95 Jahren.
Ein Jahr vor der Wende kam Becker nach Leeste, nachdem bereits seine Kinder aus ideologischen Gründen dem Honecker-Staat den Rücken gekehrt hatten.
In Leeste suchte und fand Becker schnell Kontakt zur evangelischen Kirchengemeinde. Die Geschichte der Marienkirche faszinierte Becker von Anfang an. Er stürzte sich regelrecht in die Forschungsarbeiten, und „grub“ die teilweise unbekannte Geschichte des Gotteshauses aus, die in zahlreichen Veröffentlichungen dieser Zeitung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Für seine Arbeit durchforstete er nicht nur das – zugegeben lückenhafte – Archiv der Leester Kirchengemeinde, das Staatsarchiv in Hannover wurde für den bescheidenen ehemaligen Seelsorger ein zweites Zuhause.
Durch Beckers Arbeit erfuhr die Kirchengemeinde Dinge, die selbst in Leeste nicht bekannt waren. Es reichte vom Taufbecken über den Turm, die Glocken bis hin zu den alten, fast verwitterten Grabsteinen neben der Kirche, die teilweise mehrere Jahrhunderte als sind. Auch ihre Historie legte Becker, so weit es nach so langer Zeit noch möglich war, offen.
Im Arbeitszimmer seiner Wohnung am Ortfeld in Leeste stapeln sich die Aktenordner mit ausführlichen Berichten zur Geschichte der Kirche, gespickt mit Details bis hin zur Entlohnung der Seelsorger, dem Zuschuss der Leester Bauernschaft zum Unterhalt der Kirche und vieles andere mehr. Seine unermüdliche Arbeit brachte Becker Lob und Anerkennung ein. Leider kam es noch nicht zur Veröffentlichung der erarbeiteten Daten in Buch- oder Broschürenform für die interessierte Öffentlichkeit.
Becker hatte in der schweren Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zwar auch aus innerer Überzeugung Theologie studiert, ausschlaggebend war aber auch die Tatsache, dass er dieses Studium mit Hilfe eines Stipendiums absolvieren konnte, da die Mittel im Elternhaus für die normale Finanzierung eines Studiums zu knapp waren.
Schon während und nach dem Studium war Becker stark in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert, was ihn nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft 1948 und seiner über 20 Jahre währenden Tätigkeit in einer Pfarrstelle bei Greifswald zunehmend in Konflikt zu den DDR-Machthabern brachte.
Nachdem ihm nach seiner Pensionierung die Dienstwohnung gekündigt worden war, ihm aber gleichzeitig von den Behörden immer weder ideologische Steine in den Weg gelegt wurden, entschloss Becker sich zur Ausreise in den Westen, die ihm schließlich gewährt wurde.
Über Brinkum und Bruchhausen-Vilsen, wo Kinder von Becker leben, die vor dem Vater bereits die DDR verlassen hatten, kam er nach Leeste.
Beckers Aussegnung ist am kommenden Freitag 13 Uhr, in „seiner“ Leester Kirche. Die Beisetzung der Urne ist auf Wunsch des Verstorbenen in der alten Wirkungsstätte Dersekow bei Greifswald.