Tagebücher

Ihr möchtet vielleicht einmal darin lesen, denn ich vermute ihr habt auch damit angefangen, eure geheimen Gedanken und Gefühle einem solchen Heft anzuvertrauen, weil die Großen euch ja doch nicht verstehen, oder nur halb. Und wenn ihr schon mal eure Gedanken preisgebt, dann ärgert ihr damit Vater oder Mutter, und das wollt ihr ja gar nicht.
Großvaters Tagebuch, mal drin lesen, dass wäre schon interessant. Na los tut es, aber ich fürchte, ihr seid enttäuscht .Ihr könnt es ja nicht lesen, es ist „deutsch“ geschrieben, das war 1927 noch üblich, auch hatte ich schon immer keine gutlesbare Schrift. Aber dem kann abgeholfen werden, ich habe es gerade auf meiner neuen Schreibmaschine abgeschrieben. Aber auch der Inhalt wird euch enttäuschen, der Gymnasiast, U II, war auch dem Tagebuch zunächst gar nicht gesprächig, wenn es um Gefühle und eigene Gedanken ging. Warum hat er dann überhaupt ein Tagebuch begonnen?
Wollte er nur einmal überprüfen, ob die allgemeine Meinung von den besseren Wintern stimmt, hatte er doch in einem alten Kalender gerade anderes gelesen? Schon ein paar Jahre vorher hatte er festgestellt, dass die „Familie Becker“ gar nicht schon immer in Anklam gewohnt hat, wie die Familie behauptete, er war zu Pastor Karehnke gegangen und durfte im Kirchenbuch lesen, dass erst Gottfried Andreas, der Großvater des Großvaters sich als Lohgerber in Anklam niedergelassen hatte. So also registrierte er die Wetterlage, ergänzte das allerdings mit anderen ihn bewegenden Ereignissen in Familie und Stadt. So erfahren wir, sehr verhalten von den schweren Lebensbedingungen in der Familie, von den Hühnern, die verschwanden, von dem gelungenen Versuch der Mutter, sich ein Kleid zu nähen von der Niedertracht eines anderen Elektrikers, dem der Vater nicht gewachsen war, von der Grippe, die auch ihn erwischte, so dass der jüdische Arzt, der Hausarzt der Familie gerufen werden musste, dessen Sohn 1930 mit ihm das Abitur machte, und von der Enttäuschung, dass in Anklam nicht wie in den Nachbarstädten die Schule der Grippe wegen ausgefallen war.

Nach diesem „Vorwort: lest nur und sagt eure Meinung, ein paar Erklärungen findet ihr am Schluss.

Soviel sei euch schon gesagt, das 2.Buch wird interessanter